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Ein Tierschutzhund zieht ein: Den passenden Hund finden

Nadine Weissheimer • Okt. 29, 2020

Welchen Hundetypus der Ersthund mag, ist von entscheidender Bedeutung für die Auswahl des zweiten Hundes.

Dieser Artikel wird der Startschuss für eine (für mich :D) aufregende Blogreihe. Ich nehme euch mit auf diese spannende Reise der ersten Tage, Wochen oder sogar Monate (?) mit unserer neuen Fellfreundin Nila.

Diese Blogartikelreihe werde ich nach dem Prinzip "so wie's kommt" schreiben, d.h. Nilas Erlebnisse werden hier einfließen mit allen Themen drum herum, die interessant sein könnten. U.a. plane ich zu berichten: Welche Signale sind für mich am Anfang wichtig und wie gestalte ich unseren Alltag, denn Tierschutzhunde sind immer kleine Wundertüten und bei besten Vorbereitungen schaffen sie es dennoch immer mich zu überraschen.

Solltet ihr ganz konkrete Fragen und Themenwünsche habe, lasst es mich bitte wissen und schreibt mir eine Email unter dem Titel "Ein Tierschutzhund zieht ein: Themenwunsch".

Aber nun geht's los: Im ersten Artikel möchte ich euch einen kleinen Einblick in meine Gedankenwelt rund um den Tierschutzhund geben und euch darüber erzählen, wie und warum ich mich für einen erwachsenen Hund aus dem Tierschutz entschieden habe, welche Auswahlkriterien für mich eine große Rolle spielen und welche Vorbereitungen ich bis heute, zwei Tage vor der Abholung im Tierheim getroffen habe.

Warum ein Hund aus dem Tierschutz

Ganz am Anfang steht meistens die Frage woher soll mein neuer Fellfreund kommen. Ich persönlich kenne mehrere sehr gute Züchter, die bei der Auswahl der Eltern größte Sorgfalt walten lassen, die sich auf Gesundheit und Wesen konzentrieren und bei der Aufzucht wunderbare Arbeit leisten. Das finde ich optimal und ich freue mich für jeden Hund, der einen so tollen Start ins Leben haben darf. Mein Traum ist es einmal einem solchen Hund ein Zuhause zu schenken und so ein kleines Wesen von den ersten Tagen, Wochen und Monaten bis ins hohe Alter zu begleiten. Für mich wäre das eine ganz besondere Erfahrung.

Mein Ersthund Grisu allerdings zeigt viel Angstverhalten und ist in Situationen oft überfordert. Das stellt ganz besondere Herausforderungen an mich, aber auch an alle anderen Familienmitglieder. Einen Welpen ganz gleich ob vom Züchter oder aus dem Tierschutz in so eine Konstellation rein zu nehmen, ist für mich ein Glücksspiel, denn ich weiß vorher nicht wie sich der Welpe charakterlich entwickeln wird und ob ein solches Vorbild eines ängstlichen Hundes sich negativ auf seine Entwicklung auswirkt. Daher ist meine Wahl, wie bereits in der Vergangenheit, wieder auf einen erwachsenen Hund aus dem Tierschutz gefallen.

Es gibt sehr viele gute Vereine und Organisationen, die sorgfältig beraten und in den Tierheimen vor Ort hat man die Gelegenheit mit dem potentiellen neuen Fellfreund spazieren zu kennen und einander näher kennenzulernen. Das war tatsächlich auch meine Prämisse, da es mir sehr wichtig ist, dass mein vorhandener Hund ebenso seine Meinung zum neuen Familienmitglied kundtun kann und die Chemie zwischen den Hunden stimmt.

Wundertüte Tierschutzhund

Doch ganz egal wie oft man spazieren geht, das Tierheim ist ein besonderer Ort. Verhalten ist immer an das aktuelle Lebensumfeld angepasst, d.h., dass sich der Hund nicht selten im Tierheim ganz anders verhält als dann im eigentlichen Zuhause. Oft höre ich dann die enttäuschte Aussage "die im Tierheim haben mich belogen". Das ist wie gesagt nicht ganz richtig, denn es kann wirklich sein, dass der Hund im Tierheim unauffällig und angepasst war und dann Zuhause zahlreiche Ängste oder sogar Aggressionen "auspackt".

Der Hund im Tierheim

Im Tierheim ist es laut, die Hunde leben oft auf dichtem Raum. Wenn sie Glück haben, sind die Gruppen gut zusammengestellt, d.h. kein Hund wird gemoppt und fühlt sich in seiner Gruppe wohl und das Management ist so, dass Ruhezeiten eingerichtet sind und durch Sichtschutz verhindert wird, dass die Tiere sich gegenseitig hochschaukeln.

Im Tierheim riecht es auch stark. Urin und Kot in den Gehegen ist keine Seltenheit, denn nicht jedes Tier ist zwingerrein oder hat überhaupt die Möglichkeit es zu sein, weil die Hunde möglicherweise nicht dreimal am Tag in Ausläufe gelassen werden können oder die Möglichkeit haben sich auf einem Spaziergang zu lösen. Es riecht unter Umständen auch nach Angst und anderen Tieren wie Katzen oder Kleintieren, wenn diese in einem nahen Haus untergebracht sind.

In manchen Tierheimen gibt es für die Hunde auch keine Möglichkeit sich in einen Innenraum zurückzuziehen. Manche frieren, weil sie zu ungünstiger Zeit "eingeliefert" wurden oder das Leben so nicht gewöhnt sind.

Im Tierheim hat der Hund häufig immer wieder unterschiedliche Bezugspersonen, die andere Erwartungen an ihn stellen und auf andere Weise mit ihm umgehen.

All diese Faktoren bedeuten für den Hund Stress und sind mit einem Lebensumfeld in einer Familie nicht zu vergleichen. Dieser Stress kann sich hemmend auf sein Verhalten auswirken, d.h. er ist die ganze Zeit mit angezogener Handbremse unterwegs und wenn all diese Faktoren wegfallen, löst sich die Handbremse und der Hund zeigt plötzlich ganz neue Verhaltensweisen, die uns auch in negativer Weise überraschen können. Viele Hunde sind aber auch einfach nur froh und erschöpft und sind froh, wenn sie sich von dieser Erfahrung erstmal in Ruhe erholen können.

Der Hund aus dem Ausland

Kommt der Hund aus dem Ausland, hat er gerade einen massiv anstrengenden Transport hinter sich und fällt in eine Welt hinein, die ihm völlig fremd ist. Mein Kollege Gerrit Stephan hält regelmäßig ein Seminar oder Vortrag mit dem Titel "Strangers in paradise" zu diesem Thema, das ich allen Interessierten ganz nah ans Herz legen möchte.

Jeder Hund verarbeitet diesen Kulturschock anders und es lässt sich kaum vorhersagen wie sich ein Hund in Deutschland im Vergleich zu seinem Vorleben entwickeln wird. Ich kenne Hunde, die im ausländischen Tierheim ängstlich waren, dann in Deutschland in ihre Bettchen fielen und nach kurzer Zeit die coolsten Socken waren. Ich kenne aber auch Hunde, die im ausländischen Tierheim als munter, nahezu aufsässig und sehr mutig beschrieben wurden, dann in Deutschland ankamen und sich ängstlich und zurückhaltend zeigten.

Verantwortungsvolle Vereine klären ihre Interessenten über diesen Umstand auf und informieren umfassend unter welchen Bedingungen der Hund bislang gelebt hat, welche traumatischen Erfahrungen er bislang gemacht hat oder haben könnte und welche Herausforderungen auf den Interessenten warten könnten. Alle Eventualitäten lassen sich niemals abdecken, aber die wichtigsten Punkte sollten im Gespräch angesprochen und geklärt werden. Bei Hunden mit starken Ängsten muss eine ausführliche Betreuung und Aufklärung über die richtige Sicherung gewährleistet sein.

Wie finde ich den Hund, der zu mir passt?

Ich persönlich habe durch meine vorherigen Hunde zu verschiedenen Vereinen bereits Kontakt. Mein erster Versuch war daher diese Vereine anzuschreiben, ihnen meine Situation und meine Gegebenheiten zu beschreiben und nach einem passenden Hund zu fragen. Auf diese Weise hatte ich leider kein Glück, v.a. weil die meisten Vereine eben nicht viele Pflegestellen zur Verfügung haben und es so schwierig ist den Hund persönlich vorher kennenzulernen.

Über tasso shelta bietet sich die Möglichkeit nach Hunden auf Pflegestellen in der Nähe suchen. Viele Vereine beteiligen sich daran und tragen ihre Hunde in diese Datenbank ein, auch manche Tierheime machen mit.

Nichtsdestotrotz lohnt es sich die Tierheime in der Umgebung zu besuchen oder wie derzeit, online eine Anfrage zu stellen.

So habe ich letztlich Nila auch gefunden.

Was, wenn mein vorhandener Hund den ausgesuchten Hund nicht mag

In meinem Leben kam es leider schon mehrfach vor, dass ich mich in einen potentiellen neuen Hund bereits verliebt hatte und meine vorhandene Hündin dann beim Kennenlernen ein klares "Nein" hat verlauten lassen. Das hat mich jedesmal sehr getroffen. Aber im Nachhinein bin ich sehr froh, dass ich in diesen Fällen auf sie gehört habe. Sie ist wenige Monate nach dem Einzug des kleinen Grisus (ich wollte nie einen kleinen Hund) sehr plötzlich verstorben und ist in der Zwischenzeit in Grisus Gegenwart nochmal richtig aufgeblüht. Wie schwer wäre es mir gefallen mit dem Wissen zu leben, dass ich ihr in ihrer letzten Lebensphase nocheinmal eine anstrengende Integration eines neuen Mitbewohners zugemutet hätte nur weil ich den neuen Hund so toll fand?!

Aus dieser Erfahrung heraus hat bei mir der vorhandene Ersthund immer das letzte Wort.

Fazit:
  1. Wer einem Tierschutzhund ein Zuhause bieten möchte, sollte sich darüber im klaren sein, dass er sich auf ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang einlässt.
  2. Sorgfältiges prüfen aller Informationen sollte dazugehören. Der Vermittler sollte bereit sein alle Fragen ausführlich zu beantworten.
  3. Im Tierheim vor Ort oder auf Pflegenstellen kann man selbst Kontakt zu dem neuen Familienmitglied aufnehmen und der bereits vorhandene Hund hat ebenso Gelegenheit.
  4. Wer bereits einen Hund hat, kann darüber nachdenken diesen mitentscheiden zu lassen, ob er ebenso mit dem neuen Mitbewohner einverstanden ist.
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