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Markersignale

Nadine Weissheimer • Mai 05, 2020
Ich erinnere mich gut an den Septemberabend an dem mein Hund Grisu hier versonnen über die Bergwiese blickte und die letzten Strahlen der Sonne genoss. Tatsächlich aber geht in dem kleinen Hundehirnchen gerade ganz schön viel vor, denn die hohen Halme versprechen viele aufregende Entdeckungen in Form von sich bewegendem Kleingetier. Sehr spannend findet Grisu kleine Mäuschen, aber wenn er am Waldesrand ein Reh entdecken würde, wäre das quasi sein Jackpot für diesen Abend. Noch steht er ja aber, noch schaut er sich ruhig auf der Wiese um.

Nun stelle ich mir vor, ich würde das Prinzip der Markersignale noch nicht kennen. Welche Möglichkeiten hätte ich meinem Grisu zu sagen, dass ich das was er gerade macht, nämlich stehen und schauen anstatt rennen und hetzen richtig gut finde. Die einfachste Version wäre: Ich gehe hin und biete ihm einen Keks an. Die Risiken dabei: Ich unterbreche ihn in dem was ich eigentlich gerade gut finde, außerdem bin ich eventuell viel zu langsam, denn selbst in den wenigen Sekunden kann sich ein Mäuschen regen und er setzt zum Sprung an, dann wäre das was ich eigentlich belohnen möchte schon wieder um. Ich könnte ihn auch einfach stimmlich loben, ihm sagen wie gut ich das finde. Das ist garnicht so schlecht aber reines verbales Lob ist meistens kein ausreichender Verstärker, Die meisten Hunde finden es schön gelobt zu werden, aber es wird nicht ubedingt dazu führen, dass er das nächste mal noch länger stehen bleibt und schaut anstatt loszurennen. Sein Bedürfnis ist nicht meine Stimme zu hören, sondern etwas aufzustöbern dem er nachrennen kann.

Worauf ich hinaus will: Spätestens wenn mein Hund eine gewisse Distanz zu mir hat. tue ich mich schwer ihn direkt vor Ort für sein gutes Verhalten zu belohnen.

An dieser Stelle kommen für mich Markersignale ins Spiel und warum ich auf sie nicht mehr verzichten möchte.

Was ist ein Markersignal?

Ein Markersignal ist ein kurzes Wort (Jip, Jep, Tack, Top...) oder ein Geräusch (Clicker), das für den Hund mit positiven Konsequenzen verknüpft ist. Das Markersignal ist ein Versprechen auf etwas Erstrebenswertes für den Hund. Damit es funktioniert, muss nach dem Markersignal immer eine für den Hund verwertbare Belohnung folgen.

Das Prinzip ist: Das Geräusch/das Wort ertönt und es folgt etwas Gutes und Erstrebenswertes für den Hund. Über dieses Prinzip lassen sich Verhaltensweisen mit Hilfe der positiven Verstärkung verändern. Der Hund tut etwas, das Geräusch ertönt, es folgt etwas Gutes für den Hund. Schnell wird der Hund lernen, dass wenn er etwas bestimmtes tut, sich das für ihn lohnt. Er wird es deshalb immer häufiger, schneller und intensiver zeigen. Das ist das Prinzip der positiven Verstärkung. Ich kann positive Verstärkung auch ohne Markersignal anwenden, indem ich das Gute immer genau in dem Moment zu meinem Hund bringe in dem das Verhalten, das ich häufiger sehen möchte, zeigt. Klingt schwierig, wenn der Hund 50 m von mir entfernt ist, denn soweit kann ich auch nicht mehr werfen? Klingt auch schwierig, wenn es sich um ein Verhalten handelt, das nur den Bruchteil einer Sekunde andauert? Jub! Und genau deshalb ist das Markersignal so wertvoll und in meinen Augen unverzichtbar.

Schnell und präzise

Das Markersignal ist mit Absicht nur ein kurzes Wort oder ein kurzes markantes Geräusch. Diese Eigenschaft macht es möglich auch Verhaltensweisen "einzufangen", die nur einen Bruchteil einer Sekunde andauern, wie beispielsweise das Abwenden des Blickes, das Zuwenden des Kopfes, die Bewegung einer Gliedmaße etc.. Tricktrainer haben diese Eigenschaft des Markersignals früh erkannt, was ein Grund dafür ist, dass gerade beim Tricktraining der Clicker schon regen Anklang findet. Aber dabei sollte es meiner Meinung nach nicht bleiben.

Mit unserem unbestimmten Loben mit "Prima", "Toll gemacht" sind wir oftmals nicht präzise genug. Die Worte sind zu lang, der Hund hat schon zig andere Dinge gemacht bis wir mit unserem Lob fertig sind und kann so garnicht richtig zuordnen, was wir genau meinen. Mit dem Markersignal wird die Kommunikation sehr klar, wenn unser Timing gut ist und wir genau in dem Moment markern in dem das Verhalten, das wir haben möchten, auftritt. Und die schöne Nachricht ist: Gutes Timing ist reine Übungssache und kann von jedem erlernt werden.

Klarheit in der Kommunikation

Dadurch, dass wir immer dasselbe Wort benutzen und unser Timing stetig verbessern, d.h. dafür sorgen, dass wir das Markersignal genau in dem Moment geben in dem der Hund das gute Verhalten zeigt, weiß der Hund sehr schnell was er erwarten kann. Er muss nicht mehr rätseln was der Mensch eigentlich von ihm will und welches Verhalten genau ihm jetzt in den Genuß des Spiels gebracht hat. Vielleicht war ja alles auch einfach nur Zufall? All diese Verwirrungen und Unklarheiten werden durch den Gebrauch des Markersignals beseitigt. Das Ergebnis ist ein Hund, der sehr viel schneller und effektiver lernt und ein Mensch, der sich über die schnellen Fortschritte seines felligen Mitbewohners freut.

Positive Emotionen als Gegenspieler von Angst und Aggression

Nach dem Markersignal folgt immer etwas Gutes für den Hund. Das ist das Versprechen, das wir ihm geben. Dadurch, dass es im Gehirn mit positiven und erstrebenswerten Dingen verknüpft ist, löst es in dem Moment in dem der Hund das Markersignal wahrnimmt positive Emotionen aus. Obwohl das Gute noch garnicht beim Hund angekommen ist, wird dennoch das Verhalten verstärkt, das direkt vor oder während dem Markersignal gezeigt wird.

Damit leistet es auch gerade dann wundervolle Dienste im Training, wenn gerade nicht so positive Emotionen das Hundehirn beherrschen, wie beispielsweise Unsicherheit, Angst oder Aggression.
Das Namensspiel

Das Namensspiel ist ein tolles kleines Spiel, um nicht nur deinem Hund etwas sinnvolles beizubringen, sondern auch gleichzeitig dein Timing zu verbessern. Leg' dir ein paar Kekse bereit, am besten so, dass dein Hund sie nicht sehen kann. Gut geeignet ist eine Jackentasche oder ein Leckerlibeutel. Entscheide dich für ein Markersignal, das du verwenden möchtest, beispielsweise "top". Werfe nun einen Keks in etwas 2-3 Meter für deinen Hund auf den Boden und lass es ihn aufsammeln. Rufe ihn dann bei seinem Namen und beobachte deinen Hund genau. Versuche mit deinem Markerwort genau den Moment abzupassen in dem dein Hund zum ersten mal auf seinen Namen reagiert. Das kann schon ein Ohrzucken sein! Sollte dein Hund schon eine ganze Kopfbewegung geschafft haben bevor du deinen Marker gesagt hast, sei nicht frustriert! Timing braucht Übung und mit diesem kleinen Spiel kannst du dich immer wieder darin üben. Vergesse nicht deinen Hund nach dem Marker zu belohnen.

Der Marker ist ein Versprechen auf eine Belohnung und diese darf nie vergessen werden.
Generalisierte Markersignale

Das generalisierte Markersignal ist das Überraschungsei unter den Markersignalen. Es ist mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Belohnungen verknüpft und wenn der Hund es hört, weiß er zwar ganz genau, dass etwas Tolles für ihn folgt, er weiß aber nicht was es genau ist. Dieses Markersignal löst meistens viel Vorfreude und damit auch Erregung aus.

Der Aufbau dieses Markersignals ist denkbar einfach: Ich sage das Markersignal z.B. "top" und biete meinem Hund ein Spiel mit seinem Lieblingsspielzeug an. Ich wiederhole das Signal und werfe diesmal einen Keks. Ich wiederhole das Signal und schicke ihn zum Spielen zu seinem Hundefreund. Ich wiederhole das Signal und leine ihn ab etc.

Ich verknüpft dieses Signal also mit vielen verschiedenen positiven Konsequenzen.

Lange Zeit habe ich nur mit einem generalisierten Markersignal trainiert, dann zog Maja bei mir ein. Maja ist ein Hund, der sehr schnell auf 180 ist. Wenn ich ihren generalisierten Marker benutze, dann ist sie vor Freude sehr aufgeregt. Das kann ich bei einem ohnehin oft aufgeregten Hund nicht immer brauchen. Freude ist nichts negatives, aber Hunde, die leicht zu aktivieren sind profitieren einfach davon nicht immer gleich im Vollturbo zu laufen. Deshalb habe ich mich den einfachen Markersignalen zugewandt und setzte sie immer öfter im täglichen Training ein.
Einfache Markersignale

Bei diesem Markersignal ist das Markerwort mit einer bestimmten Konsequenz verknüpft, d.h. der Hund weiß, wenn er den Marker hört, was ihn als nächstes erwartet. Das führt bei Hunden wie Maja dazu, dass sie deutlich weniger aufgeregt auf das Signal reagieren, weil der Überraschungseffekt wegfällt und die Aktivität, die danach folgt nicht unbedingt mit Aufregung verknüpft ist. Ein Keks aus der Hand beispielsweise ist deutlich weniger aufregend als ein wildes Spiel mit dem Ball. Der Hund kann also abschätzen was danach für ihn folgt. Das ist auch bei Hunden von Vorteil, die Überraschungen erstmal überfordernd finden und lieber genau wissen wollen was sie als nächstes erwartet.

Ich kann außerdem schon einen kleinen Keim in den Kopf meines Hundes pflanzen in welche Richtung er sich als nächstes bewegen könnte oder ob es sich überhaupt lohnt sich zu bewegen.

Dazu zwei Beispiele:

Meine Maja kennt den einfachen Marker "Kegeln", dabei fliegt immer ein Keks in die Gegenrichtung in die sie sich gerade bewegt oder schaut. Wenn sie auf der anderen Straßenseite etwas sieht, das sie bedrohlich oder sehr anziehend findet, dann gebe ich gerne den Marker "Kegeln", denn damit habe ich das Abwenden vom Auslöser schon in der Belohnungssequenz mit drin. Eine andere Möglichkeit ist der einfache Marker "Check", denn der kündigt immer Futter auf dem Boden an, so dass sie fast sofort die Nase runter nimmt und damit beginnt den Boden abzusuchen. Beides sind Verhaltensweisen, die mir sehr dabei helfen die Situation positiv zu gestalten.

Mein Hund Grisu hat vor kurzem das Stopp-Signal erlernt. Dabei verwende ich gerne den einfachen Marker "Drop" den ich mit Futter direkt vor den Füßen verknüpft habe. Er bleibt auf mein Stopp-Signal hin stehen, ich gebe dem Marker "Drop" und er hat garnicht den Drang zu mir zu laufen und sich das Futter abzuholen, sondern bleibt an Ort und Stelle stehen, denn dort gibt es immer den Keks.

Fazit:
  • Das Markersignal ist ein Versprechen auf eine positive Konsequenz, das du immer einhalten solltest.
  • Markersignale erlauben es dir deinem Hund präzise und genau mitzuteilen welches Verhalten du gut findest.
  • Es erlaubt eine sehr klare Kommunikation. Dein Hund wird schneller verstehen was du von ihm möchtest. Er wird schneller Fortschritte machen.
  • Die positiven Emotionen, die automatisch mit dem Markersignal verknüpft werden, sind hilfreiche Gegenspieler bei Unsicherheit, Angst und Aggression und deshalb für dieses Training besonders wertvoll.
  • Es gibt generalisierte und einfache Markersignale. Das generalisierte Markersignal ist das Überraschungsei, danach kann alles folgen was dein Hund toll findet. Das einfache Markersignal gibt deinem Hund eine genaue Information darüber, was er als nächstes zu erwarten hat.
3 Minuten Jagd nach gutem Verhalten

Weil nicht jeder Tag gleich ist und auch Hunde nicht an jedem Tag auf die gleichen Sachen Lust haben, hat sich bei mir die "3 Minuten Jagd nach gutem Verhalten" am Anfang unseres großen Spaziergangs bewährt. Ich stelle mir den Handytimer und in den ersten drei Minuten unseres Spazierganges markere ich jedes Verhalten meiner Hunde, das ich gut finde: Schnüffeln, freiwillig zu mir schauen, langsamer werden, in meine Richtung laufen, sich in der Umgebung stehend umschauen usw. Dabei nutze ich soviele unterschiedliche Belohnungen wie möglich. Ich frische nicht nur den Marker auf und stärke die kooperative Seite meines Hundes, es ist für mich auch ein Tagescheck welche Belohnungen heute besonders gut ankommen und welche ich mir lieber sparen kann.
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