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Die Bedürfnisse des Hundes Teil 1

Nadine Weissheimer • Mai 20, 2021
Welche Bedürfnisse hat ein Hund eigentlich?

Diese Frage stelle ich mir häufig im Detail, wenn es um bedürfnisgerechte Belohnungen geht. Belohnungen also, die die individuellen Bedürfnisse dieses einen Hundes aufgreifen mit dem ich mich gerade im Training befasse. Noch weiter ins Detail gehen wir, wenn wir uns nicht nur damit beschäftigen: Was möchte mein Hund eigentlich, was sind seine Hobbies im allgemeinen und was macht ihm Spaß, sondern, wenn wir noch einen Schritt weiter gehen und uns fragen: Was sind die Bedürfnisse meines Hundes in dieser einen Situation? Da können sich durchaus Unterschiede auftun, wenn ein Hund beispielsweise gerne frisst, aber im Angesicht eines weglaufenden Hasen fressen plötzlich nicht mehr wichtig ist und das Hinterherhetzen das ausschlaggebende Bedürfnis wäre. Oder wenn mein Hund sich vor etwas fürchtet, beispielsweise einem anderen fremden Artgenossen und sein Bedürfnis nach Abstand im Vordergrund steht, während das Angebot eines leckerer Kekses zwar ganz nett ist, aber an dem was sich der Hund wünscht vorbeigeht. Diese Details sind für schnelles und effektives Training wichtig treten aber in den Hintergrund wenn grundlegendere Bedürfnisse des Hundes nicht oder wenig beachtet werden. Deshalb möchte ich in diesem Text einmal weg von den Details und den Blick für das große Ganze öffnen. Was wünscht sich mein Hund eigentlich von seinem Leben?

Grundbedürfnisse

Wesentliche Grundbedürfnisse, die zum Überleben notwendig und damit jedem Lebewesen wichtig sind:

Ausreichend Nahrung und Wasser

Auch wenn Hunde in Deutschland selten Hunger leiden müssen, kommen immer mehr Hunde aus Ländern wie Rumänien oder den südlichen europäischen Ländern zu uns, die eine wesentliche Beschneidung ihrer Grundbedürfnisse und den Kampf ums Überleben durchaus kennen. Diese Erfahrung setzt sich häufig in ihrem Verhalten fort. Manche Hunde können sich schon nach kurzer Zeit in die Sorgenfreiheit ihres neuen Lebens fallen lassen, andere Hunde haben damit größere Schwierigkeiten und dann beschäftigen uns die damit einhergehenden Verhaltensweisen meistens noch Jahre nach ihrem Umzug. Ein Hund braucht 24 Std Zugang zu frischem Wasser und sollte seinem Alter, seiner Rasse, seiner Aktivität und seinem Gesundheitszustand entsprechend mit Nahrung gefüttert werden, die seinem Verdauungssystem als Carnivor entspricht.

Sicherheit

Sicherheit und sich sicher fühlen zu können ist ebenso ein Grundbedürfnis eines jeden Lebewesens. Anhaltende Unsicherheit führt zu chronischem Stress, der sich in unterschiedlichen Erkrankungen auf Dauer auswirken kann. Chronischer Stress schränkt die Lebensqualität stark ein und kann lebensverkürzend wirken.

Dieses Grundbedürfnis wird häufig unterschätzt, da Hunde sehr anpassungsfähig sind und es auch manchmal langjährigen Hundehalter schwer fällt die Körpersprache seines Hundes zu lesen. Manche Hunde hören auch auf ihr Unwohlsein zu kommunizieren, weil sie häufig die Erfahrung gemacht haben, dass ihr Mensch diese übergeht. Sicherheit bedeutet nicht nur Sicherheit vor Angriffen, Übergriffen und Tod, sondern auch Sicherheit in Bezug auf das was als nächstes passiert. Viele Menschen gehen mit diesem Bedürfnis eher lachs um. Erwartungssicherheit umfasst das Handling des Hundes und seinen Alltag. Mittels Ankündigungen z.B. mit Hilfe von Wortsignalen kann die Erwartungssicherheit stark gesteigert werden. Routinen und Rituale, also Abläufe, die immer gleich hintereinander weg passieren, helfen hier ebenso dem Hund sich leichter in seinem Alltag zurecht zu finden.

Manchen Hunden macht es beispielsweise nichts aus jeden Tag zu einer anderen Uhrzeit sich lösen zu dürfen und Nahrung zu bekommen, andere Hunde sind empfindlicher und profitieren sehr stark von solchen Routinen.
Alle Arten von Strafmaßnahmen wie Schlagen, Rucken, Anschreien, Zwicken, Treten, Bedrängen und psychischer Druck wirken sich negativ auf das Sicherheitsgefühl des Hundes aus. Hunde, die durch ihren Menschen täglich bestraft werden, werden meiner Meinung nach in einem der wichtigsten Grundbedürfnisse beschnitten.

Schlaf

Wir Menschen haben eine lange zusammenhänge Schlafphase mit Tiefschlafphasen, die sich am besten nachts abspielt. Hunde dagegen sind Polyphasenschläfer und Tiefschlafphasen wechseln sich mit Ruhephasen ab. Die Ruhephasen verteilen sich über den gesamten Tag. Sehr junge Hunde und Welpen, sowie alte Hunde haben einen höheren Schlafbedarf als erwachsene Hunde. Je nach Lebensalter liegt das Schlafbedürfnis zwischen 17 und 20 Stunden pro Tag.

Das Ruhebedürfnis von Hunden weicht damit sehr von unserem eigenen ab und häufig übernehmen Hunde unsere Aktivitätsmuster, nicht nur freiwillig, sondern häufig auch gewungenermaßen, indem sie einen ganzen Stundenplan an Aktivitäten ableisten müssen oder den Menschen den ganzen Tag begleiten. Oft sind die Halter im guten Glauben ihr Hund bräuchte diese Art der Auslastung.

Das Ergebnis ist aber leider oftmals ein Hund, der an Schlaf- und Ruhemangel leidet und durch die fehlenden Regenerationsphasen verhaltensauffällig wird oder gesundheitliche Probleme entwickelt. Gerade in turbulenten Familienhaushalten sollte daher darauf geachtet werden, dass der Hund durch feste Ruheplätze an welchen er nicht gestört wird, die Möglichkeit hat sich ausreichend zurück zu ziehen. Mit Kindern sollte, sofern im richtigen Alter, über die unterschiedlichen Bedürfnisse von Hund und Mensch gesprochen werden. Wird dem Kind gut erklärt, dass es den Hund an diesem einen Ruheort niemals stört, kann sich auch der Hund aktiv zurück ziehen, wenn es ihm zuviel wird.

Bei Hunden, die ihr Schlafbedürfnis ignorieren, kann es helfen sie von Anfang an an das Ruhen in einer Box, die sie von Geräuschen besser abschirmt, zu gewöhnen. Eine Gewöhnung an eine Box als Ruheort bietet sich auch für Hunde an, die ihre Menschen zur Arbeit begleiten. Eine weitere Hilfe bei der Gewöhnung an Ruhezeiten, v.a. für Hunde, die ihr eigenes Ruhebedürfnis ignorieren, ist ein strukturierter Alltag mit festen Aktivitäts- und Essenszeiträumen, sowie Tagesabschnitte in welchen der Hund nie mit Aktivität rechnen kann. Hunde finden in Routinen Sicherheit und gewöhnen sich schnell an solche Abläufe, die es ihnen erleichtert in dieser Zeit wirklich zu ruhen.

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